08.07.2024

Neue Methode zur Behandlung von Vorhofflimmern

„Schon bei geringer körperlicher Belastung fühle ich mich komplett schlapp. Selbst kurze Wege werden für mich dann zur Tortur und dieses Gefühl hält manchmal ein bis zwei Tage an", so beschreibt Michael W. seinen Zustand. Er ist 37 Jahre alt und leidet an anfallweisem Vorhofflimmern. Immer wieder komme so etwas vor, vor kurzem sei es so schlimm gewesen, dass Angstzustände folgten und er daraufhin ins Klinikum Amberg gekommen ist.
Vorhofflimmern ist eine Volkskrankheit. Etwa 44 Millionen Menschen weltweit und ca. 1,5 bis zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. Im Verlaufe seines Lebens wird jeder Dritte an Vorhofflimmern erkranken. Da Vorhofflimmern auf Dauer den Herzmuskel stark belastet, kann es im schlimmsten Fall zur Herzschwäche führen. Die meisten Menschen mit Vorhofflimmern haben außerdem ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen. „In diesem Fall konnten wir hierfür zwar kein Risiko feststellen, dennoch ist die Lebensqualität bei unserem Patienten stark eingeschränkt." Die Ursache für Vorhofflimmern findet sich meist in den Lungenvenen, die in den linken Vorhof münden. Falsche Zündimpulse gelangen über elektrische Verbindungen in die Herzvorhöfe und verursachen dort ein elektrisches Chaos.
Eine bewährte Methode, um den Herzrhythmus zu stabilisieren, ist die Katheterablation. „Die kathetergestützte Unterbrechung dieser Verbindungen geschieht mittels Wärme oder Kälte. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass benachbartes Gewebe oder Organe mit beeinträchtigt werden können. „Nun haben wir bei uns ein neues, hochinnovatives und sichereres Verfahren für unsere Patienten etabliert, welches viel schonender und dabei genauso effektiv ist: die Pulsed Field Ablation (PFA), auch Elektroporation genannt", erklärt Oberarzt Dr. Steffen Christow, Elektrophysiologe am Klinikum. „Dieses Verfahren ist sehr spezifisch für Herzmuskelzellen, sprich, wir können so jetzt viel gezielter diejenigen Herzmuskelzellen ansteuern, die die Fehlimpulse ins Herz leiten, und schonen damit umliegende Organe, Gefäße und Nerven. Mittels eines Katheters, der über die Leiste eingeführt wird, werden kurze, hochenergetische, elektrische Stromimpulse abgegeben, die Poren in den Zellen erzeugen, die daraufhin keine elektrischen Impulse mehr leiten können. Anders als mit den thermischen Verfahren (Wärme oder Kälte), können wir durch die Elektroporation noch schonender im Sinne des Patienten arbeiten. Ein echter Game-Changer", schwärmt Christow.
„Mehr als 100 Patienten mit Vorhofflimmern behandeln wir jedes Jahr im Klinikum mittels Katheterablation." Insgesamt sind es aber weit mehr Patienten mit Vorhofflimmern, die im Klinikum behandelt werden. Bei manchen kann der normale Sinusrhythmus mit Medikamenten eingestellt werden. Oft ist der Erfolg aber nur vorübergehend und viele entscheiden sich bereits primär für die effektivere Ablationbehandlung, so wie der 37-Jährige. Er profitiert nun von der neuen, sichereren Methode, die eine raschere Genesung mit sich bringt. Nach dem etwa einstündigen Eingriff fühle er sich gut, morgen könne er bereits nach Hause entlassen werden. „Bei vielen anderen Patienten müssen wir jedoch das Vorhofflimmern akzeptieren, weil sie spät zur Behandlung kommen und die Erkrankung weit fortgeschritten ist. Dann sind Medikamente, die den Puls in Grenzen halten, oft die einzige Möglichkeit der Behandlung."


Die Pulsed Field Ablation (Elektroporation) steht in Deutschland seit März 2021 zur Verfügung. In der Oberpfalz sind das Klinikum Amberg neben dem Universitätsklinikum Regensburg die einzigen, die diese Methode anwenden.