02.12.2022

Schockraumtraining am Klinikum

20 Minuten, in denen sehr schnell gehandelt werden muss und die sehr schnell vorbei sein können, wenn ein schwerstverletzter Patient in den Schockraum gebracht wird. Nur maximal 20 Minuten sollte es von der Ankunft eines Polytraumapatienten im Schockraum bis zur ersten Diagnostik dauern, die das weitere Vorgehen bestimmt.
„Es gibt strenge Algorithmen, die festlegen, wie ein schwerstverletzter Patient interdisziplinär versorgt werden muss. Jeder muss wissen, wo in solch einer Situation sein Platz ist. Genau aus diesem Grund gibt es zweimal jährlich ein Schockraumtraining am Klinikum", so Julia Koch, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Amberger Klinikum. „Es gibt ein Kernteam, das zu Beginn immer dabei ist. Dazu gehören die Ärzte und Pflegekräfte der Unfallchirurgie, der Anästhesie, der Notaufnahme sowie der Radiologie. Je nach Verletzungsmuster werden dann weitere Fachdisziplinen wie Bauchchirurgie, Neurochirurgie, Pädiatrie, Neurologie oder auch Urologie oder Gynäkologie hinzugezogen."
Trainiert wurden jetzt im Amberger Klinikum zwei Fälle. Ein Fahrradfahrer wird von einem Auto erfasst – das erste Szenario. Er erleidet ein Schädelhirn- und Thoraxtrauma, er muss künstlich beatmet werden. Plötzlich bricht jedoch unvermittelt der Kreislauf zusammen, da sich Luft zwischen Lunge und Brustwand befindet. Das Team reagiert schnell und kompetent, so dass in der Realität der Patient gut überlebt hätte.
„Die Resonanz auf unsere Trainingseinheiten ist riesig. Die Darsteller, die unsere Patienten mimen sowie das Schminkteam sind Mitarbeiter des Hauses. Plötzlich liegt man selber auf der Liege, kann sich danach besser in Patienten hineinfühlen."
Das zertifizierte TraumaZentrum am Klinikum Amberg ist Teil des TraumaNetzwerks Ostbayern, welches als erstes in Deutschland zertifiziert worden ist. „Hier werden Standards zur Versorgung festgelegt, die verbindlich sind. Die Überprüfung erfolgt alle drei Jahre und sichert eine optimale Struktur- und Ergebnisqualität für unsere Patienten", so PD Dr. Antonio Ernstberger, der neue Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie. „Die Patienten, die in den Kliniken innerhalb dieses Netzwerks versorgt werden, haben äußerst gute Überlebenschancen." Durch die immer wiederkehrende Reflexion der Standards wird die Behandlung kontinuierlich verbessert.
Obwohl die Zeit bei einem schwerverletzten Patienten drängt, ist eine Festlegung innerhalb dieser Versorgungsstandards so wichtig – zwei kurze Pausen – ten for ten, zehn Sekunden für zehn Minuten. Hier wird der Status quo ermittelt, jeder auf denselben Stand gebracht, um wieder gemeinsam in eine Richtung zu arbeiten. Das hilft bei Vorfällen wie etwa beim zweiten Übungsszenario. Eine Patientin verursacht aus unklaren Umständen einen Unfall. Am Ende stellt sich heraus, sie ist äußerlich zwar nur leicht verletzt, hat aber einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt erlitten.
Zusätzlich zu diesen Übungen gibt es auch immer Vorträge über den allgemeinen Schockraumalgorithmus und ein Spezialthema. Außerdem werden in Workshops spezielle Fertigkeiten trainiert, z.B. das Anlegen einer Halskrause oder die Durchführung eines Notfallultraschalls. „Wir trainieren hier in kleinen Gruppen, im geschützten Rahmen. Jeder darf sich trauen und sich auszuprobieren. Wenn man hier Fehler macht, passieren einem diese im echten Leben sicher nie wieder."